Jahrespressekonferenz 2019 – Unterbringungsrecht
10.12.2019 Personen jeden Alters, die auf Grund einer psychischen Störung (insbesondere Erkrankung) sich selbst, Rechtsgüter anderer oder das Allgemeinwohl erheblich gefährden, können nach den Vorschriften des öffentlich-rechtlichen Unterbringungswesens bei erheblich beeinträchtigter Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ohne oder gegen ihren Willen (in einem psychiatrischen Krankenhaus; meist im Isar-Amper-Klinikum Taufkirchen/Vils) untergebracht werden.
Sind dringende Gründe hierfür vorhanden und kann eine Entscheidung des Amtsgerichtes über eine derartige freiheitsentziehende Maßnahme nicht rechtzeitig ergehen, kann der Fachbereich 53 die sog. sofortige vorläufige Unterbringung anordnen und (mit Hilfe der Polizei) vollziehen.
Seit 01.01.2019 besteht diesbezüglich eine neue Rechtsgrundlage, da das bisher maßgebliche Bayerische Unterbringungsgesetz (BayUnterbrG) durch das Bayerische Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (BayPsychKHG) abgelöst wurde.
Die in Akutfällen anzuwendenden Vorschriften sind inhaltlich zwar weitgehend gleich geblieben. Dennoch besteht im Falle hoch akuter schwerer somatischer Erkrankungen ergänzend die Möglichkeit einer Einlieferung in ein somatisches Krankenhaus.
Die Fallzahlen in Akutsituationen entwickelten sich in den vergangenen Jahren wie folgt:
Jahr Anzahl der sofortigen vorläufigen Unterbringungen
2013 8
2014 5
2015 10
2016 11
2017 29
2018 33
2019 38
Zudem wurde mit Einführung des BayPsychKHG auch ein bayernweiter „Krisendienst Psychiatrie“ geschaffen. Dieser verfügt für jeden Regierungsbezirk über eine eigene Leitstelle, die unter der einheitlichen Rufnummer 0180/6553000 rund um die Uhr erreichbar ist. An die Leitstellen angegliedert sind mobile Fachkräfte, die auf Anforderung durch die Leitstelle unmittelbar vor Ort tätig werden. Hierzu kann sich jede hilfesuchende Person (die/der Betroffene selbst, Familienmitglieder, Verwandte, Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen, Passanten etc.) an den Krisendienst wenden und die Problemlage schildern.
Der Krisendienst bietet neben einer qualifizierten telefonischen Beratung und mobilen Einsätzen vor Ort auch die (freiwillige) Vermittlung von behandlungsbedürftigen Personen in eine ambulante oder stationäre Behandlung an. Auf diese Weise soll der Krisendienst mittel- und langfristig einen Beitrag dazu leisten, die Zahl der öffentlich-rechtlichen Unterbringungen zu senken.
Gleichwohl war der Fachbereich 53 in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt sowie weiteren internen und externen Fachstellen im Jahr 2019 bis heute mit dem Schicksal von insgesamt 258 verschiedenen Personen (teilweise wiederholt) befasst.
Die Bandbreite der zu bearbeitenden Fälle reichte im Berichtszeitraum von verschiedensten psychischen Krankheiten über (dadurch ausgelöste) Suizidversuche/-androhungen, psychische Ausnahmezustände und erheblichen alkohol- oder drogenbedingten Rauschzuständen bis hin zu (demenzbedingter) Hilflosigkeit.
Zur Verbesserung der Lebensumstände des betroffenen Personenkreises (und des unmittelbaren Umfeldes) bzw. zur Vermeidung weiterer Gefahren für die Allgemeinheit werden für jeden Einzelfall fachbereichsübergreifend verschiedene individuelle Maßnahmen geprüft.
Im Einzelnen bestand Handlungsbedarf wie folgt (die Zahl für 2019 bezieht sich auf den Zeitraum 01.01.2019 – 29.11.2019):
- Übersendung von Hilfsangeboten zur Suchtberatung
2017: 33 Fälle
2018: 32 Fälle
2019: 46 Fälle
- Vorladung zu einem amtsärztlichen Gespräch
2017: 13 Fälle
2018: 16 Fälle
2019: 3 Fälle
- Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit
2017: 4 Fälle
2018: 3 Fälle
2019: 2 Fälle
- Überprüfung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen
2017: 3 Fälle
2018: 6 Fälle
2019: 14 Fälle
- Abgabe an eine entsprechende interne Fachstelle zur dortigen Weiterbearbeitung in eigener Zuständigkeit
Jugendamt: 2017 14 Fälle, 2018 21 Fälle, 2019 7 Fälle
Betreuungsstelle: 2017 58 Fälle, 2018 73 Fälle, 2019 56 Fälle
Asylmanagement: 2017 15 Fälle, 2018 26 Fälle, 2019 35 Fälle
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